Reisebericht Transsibirische Eisenbahn Teil 1

Russland

Unsere Reise beginnt in Berlin, am Hauptbahnhof, um genau zu sein. Um 7.13 Uhr fährt unser erster Zug: das erste Ziel ist Moskau. Wir werden sechs Wochen unterwegs sein und fahren mit der transmongolischen Eisenbahn von Moskau bis nach Peking, mit unterschiedlichen Zwischenhalten auf der Strecke.
Gespannt stehen wir am Bahnsteig, als der „Euronight“ einfährt. Wir steigen ein und schon sind wir in einer anderen Welt! Die Zugbegleiter sprechen kein Englisch, nur Russisch oder Polnisch, doch unser Russisch reicht gerade mal für „Guten Tag, ich heiße Svea“ und „Danke“. Nicht mal unsere Zwischenhalte auf der Strecke können wir entziffern. Auf Kyrillisch sieht alles aus wie zusammengewürfelte Symbole.
Unsere Plätze sind in einem Vierer-Abteil mit zwei Russinnen, die eine spricht Deutsch und die andere Englisch, also können wir uns zumindest mit ihnen verständigen!
Wir fahren durch Polen und kommen schließlich zur weißrussischen Grenze. Weißrussland, Russland und die Mongolei haben ein anderes Schienennetz als die polnische Bahn, und darum werden Waggon für Waggon die Räder gewechselt; dafür wird der ganze Waggon samt Insassen einfach hoch gehoben!
An der weißrussischen Grenze werden wir auch zum allerersten Mal kontrolliert. Ein Mann mit riesigem kreisrundem Hut nimmt unsere Pässe mit, wir müssen auf einem kleinen Schnipsel Papier eintragen, wie lange wir in Russland bleiben, unsere Einladung nachweisen und ob wir besondere Gegenstände einführen. Die beiden Russinnen bei uns im Abteil übersetzen die ganze Zeit. Vier Stunden später, nach dem Reifenwechsel, bekommen wir alles zurück und dürfen unsere Reise fortsetzen!
Inzwischen ist es fast Mitternacht und unsere erste Nacht im Zug steht bevor:  Es schläft sich ganz hervorragend! Man wird geradezu in den Schlaf geschaukelt!
Am nächsten Morgen um 9.21 Uhr kommen wir in Moskau an. Nun müssen wir raus ins sehr sehr heiße Moskau! Wir sind erstmal sehr verwirrt und halten Ausschau nach einem Geldautomaten, an dem wir mit unseren VISA Karten Rubel abheben können. Der Wechselkurs ist ungefähr 1:70 und damit fängt das Kopfrechnen an! Nachdem das Abheben geglückt ist, halten wir Ausschau nach der Moskauer Metro.
Wir haben ein Hostel im Stadtzentrum reserviert und dort müssen wir jetzt hinkommen! Problem Nummer 1: Kein einziger Russe in unserer Umgebung spricht Englisch, ich wurde inzwischen ungefähr schon zwanzigmal vorgewarnt, bloß nicht freiwillig einen Polizisten anzusprechen, also können wir dort auch nicht wirklich mit Hilfe rechnen. Schließlich läuft uns eine junge Frau über den Weg und sie kann uns schließlich weiterhelfen. So ziehen wir unser erstes Metro- Ticket.

Die Metro ist umwerfend! An den Decken hängen Kronleuchter, alles ist sauber (sogar die Rolltreppengeländer werden regelmäßig poliert!), in manchen Stationen sind Gemälde an den Decken zu sehen und der Name „unterirdische Paläste“ umschreibt die Gewölbe hundertprozentig. Wir merken uns unsere Station anhand der letzten drei kyrillischen Schriftzeichen und folgen den Schildern.
Im Napoleon Hostel im dritten Stock angekommen beziehen wir unsere Betten in einem Achterzimmer. An der Rezeption sitzt eine junge Russin, sie studiert Englisch und Deutsch an der Moskauer Universität. In dem Hostel treffen wir viele andere Europäer mit den verschiedensten Zielen, aber keiner wird wie wir mit der transsibirischen Eisenbahn fahren.
Inzwischen ist es schon Nachmittag und wir sind völlig geschafft. Wir schlendern in Richtung „Roter Platz“ und gehen in einem kleinen russischen Restaurant essen:  Es gibt „ Borschtsch“, eine Rote Beete- Suppe (sehr lecker!).
Für den nächsten Tag haben wir uns für eine „Free Walking Tour“ durch Moskaus Innenstadt angemeldet. Eine junge Frau, ursprünglich kommt sie aus der Nähe vom Baikalsee, führt uns durch die wichtigsten Sehenswürdigkeiten im Zentrum. Einer der ersten Stopps ist das Wohnhaus der Zarenfamilie Romanov. Es folgt die Basiliuskathedrale, die eigentlich aus neun einzelnen Kirchen besteht (darum auch die vielen Türme). Von innen ist die Kathedrale kunstvoll bunt bemalt.  Laut einer Legende wurden dem Architekten nach Fertigstellung des Baus die Augen ausgestochen, damit er nicht anderswo eine noch schönere Kathedrale bauen konnte. Auf dem „Roten Platz“ (rot bedeutet auf Russisch schön) kann man ansonsten noch das Kaufhaus GUM bestaunen (bezahlbar ist dort das leckere Eis) und das Historische Museum, das laut unserer Stadtführerin nur mit Russischkenntnissen lohnenswert ist. Außerdem gibt es dann noch das Lenin Mausoleum, Lenin wird hier eingewachst seit Jahren aufbewahrt. Man kann als Besucher durch das Mausoleum gehen, aber wehe man bleibt stehen, dann ertönt direkt die Trillerpfeife des Polizisten!

Das schönste Zitat dieser Stadtführung war wohl „Visit Russia before Russia visits you“, ein Satz mit dem unsere junge russische Stadtführerin uns leicht spöttisch entlässt. Der Kreml grenzt direkt an den roten Platz und nachdem man die Sicherheitsschranken überwunden hat, kann man die beeindruckenden Kirchen innerhalb der Mauer besichtigen und natürlich Putins Büro mal von außen betrachten!
An unserem letzten Tag in Moskau holen wir als erstes unsere Tickets für unsere nächsten Zugfahrten in einem äußeren Bezirk von Moskau ab. Hier ist von all dem Prunk im Zentrum nichts mehr zu sehen. Ein riesiger Betonklotz reiht sich an den nächsten. Auf dem Rückweg in die Stadt steigen wir am Gorki Park aus, einer riesige Parkanlage! In der unerträglichen Hitze legen wir uns erstmal ein bisschen in den Schatten! Auf unserem Plan für heute steht jetzt der Red October von Moskau, ein Künstlerviertel. Hier treffen wir viele junge Leute, dieses Viertel könnte auch irgendwo in Berlin sein!
Die Christi-Erlöser-Kirche ist wahrscheinlich die prachtvollste, die wir zu Gesicht bekommen haben: Mit einer riesigen goldenen Kuppel und direkt am Ende einer Brücke, die über die Moskva führt. An unserem letzten Abend in Moskau machen wir eine Bootstour bei Nacht (die wurde uns schon während der Zugfahrt ans Herz gelegt) und vor allem die Christi-Erlöser-Kirche wird ganz besonders spektakulär angestrahlt. Bei Nacht scheint ganz Moskau zu leuchten, dass man es vom Mond aus besonders gut sehen muss!
Moskau einmal kurz zusammen gefasst ist eine wunderbare Stadt! Es regnet ziemlich oft von den Hauswänden herab (bedingt durch die Klimaanlagen) und es ist unbedingt zu empfehlen, sich vor seinem Besuch das kyrillische Alphabet anzueignen, das würde so manche Metrofahrt erleichtern!

Am nächsten Morgen steigen wir in den nächsten Zug, eine Art Regionalzug, denn wir fahren nur bis Nizhny Novgorod, das ungefähr fünf Stunden entfernt ist von Moskau. Auf der Fahrt treffen wir zwei Deutsche die vorhaben, bis Wladiwostok zu fahren! Wir beziehen wieder unser Hostel-Zimmer (unglaublich sauber im Vergleich zum letzten) und sind überwältigt von der Hitze! Inzwischen sind es 42 Grad!
Auch Nizhny Novgorod hat einen Kreml, ein bisschen unspektakulärer als der in Moskau, aber vom Aufbau her eigentlich gleich. Er liegt über der Stadt und so können wir noch die Stadt im Dunkeln beschauen bevor uns die Müdigkeit übermannt. Am nächsten Morgen (zur Orientierung: Inzwischen ist Tag 5 angebrochen) laufen wir auf einer Mauer einmal rund um den Kreml. In Nizhny Novgorod fließt die Oka in die Volga, wodurch die Stadt aufgeteilt wird. Mit einer Gondel kann man auf die andere Seite der Stadt kommen. Unter uns liegen russische Urlauber am Sandstrand des Flusses und lassen sich von der Sonne bescheinen. Die andere Seite der Stadt ist sehr heruntergekommen. Nur alte Plattenbauten, und so beschließen wir, mit einem stärkenden Eis in der Hand die nächste Gondel zurückzunehmen. Weiter unten in der Stadt kommen wir an einem großen Kloster vorbei. Geschafft von der ganzen Hitze flüchten wir uns erst einmal in den Schatten unter den Bäumen und ruhen uns etwas aus. Am letzten Tag besichtigen wir noch die Mariä-Geburt-Kathedrale und stoßen mitten in eine Taufe, dürfen aber ganz hinten stehen bleiben und zuschauen. Nachmittags steigen wir dann in den echten ersten transsibirischen Express!
Bevor wir einsteigen dürfen, kontrollieren die beiden Zugbegleiter, die für unseren Waggon zuständig sind, unsere Pässe und Tickets und dann dürfen wir einsteigen. Am Anfang jedes Waggons befinden sich ein Raum für die Zugbegleiter und ein großer Wasserkessel. Wir fahren in der dritten Klasse, das bedeutet Großraumabteil mit 52 Betten.

Man geht durch einen schmalen Gang, links von einem sind quer jeweils 4 Betten (immer zwei übereinander) und rechts längs zur Fahrtrichtung noch einmal 2 Betten übereinander. Wir bekommen frische gesteifte Bettwäsche und sind damit versorgt! Und los geht die Fahrt nach Jekaterinburg! Man darf sich das Zug fahren aber nicht vorstellen wie in einem ICE, denn die Höchstgeschwindigkeit ist 140 km/h, durchschnittlich fährt der Zug aber 90 km/h, sehr angenehm also! In einer Ecke des Waggons kochen 6 russische Passagiere einen Eintopf, sie haben alles dabei! Viele lesen, schlafen oder schauen einfach nur aus dem Fenster. Abends gibt es eine Zahnputz-Schlange vor den zwei Toiletten des Waggons und dann plumpsen wir in unsere Betten! Das Schaukeln ist so einschläfernd, dass die Leute, die gegen meine überhängenden Füße laufen, mir nichts mehr ausmachen. Der nächste Tag vergeht wie im Flug! Mit lesen, Hörbuch hören und einfach nur faul herum liegen! Und ehe wir uns versehen sind wir am Abend auch schon in Jekaterinburg angekommen!

Mit dem Bus fahren wir zu unserem nächsten Hostel, wir teilen uns das Zimmer mit zwei jungen Russen, der eine erzählt, er mache gerade eine Rundreise durch Russland, wisse aber noch nicht, wie lange er noch in Jekaterinburg bleiben wolle. Den anderen bekommen wir eigentlich nicht zu Gesicht, irgendwann nachts kommt er ins Zimmer und verlässt es auch früh morgens schon wieder, was ich gut mitbekomme, denn während er sich unten im klapprigen Hochbett umdreht, werde ich oben jedes Mal durchgeschüttelt. Am Empfang im Hostel sitzt eine Frau im Trainingsanzug mit knalligen Farben, scheint hier sehr in Mode zu sein, haben wir zumindest öfters zu Gesicht bekommen, und macht erst einmal ein Foto mit uns. Am nächsten Tag beschließen wir uns mal ein bisschen umzuschauen.
Jekaterinburg ist eine riesige Industriestadt und liegt mitten im Ural Gebirge. Unser erster Zielpunkt ist die Kathedrale auf dem Blut. Sie steht genau an der Stelle, an der das Haus stand, in dem 1914 die letzte Zarenfamilie ermordet wurde. Jekaterinburg hat noch mehr zu bieten: wie zum Beispiel das große Tastaturmonument, das Beatles Denkmal, aber mein ganz persönliches Highlight der riesige Käsehobel, der doppelt so groß ist wie ich und mitten vor einem Burger King steht! Alles in allem aber eine beeindruckende Stadt, wenn man sich überlegt, dass sie erst im 18. Jahrhundert gegründet wurde!

Wir sind langsam ein bisschen geschafft vom viele Städte-anschauen und beschließen einen Ausflug aufs Land zu machen. Wir fahren zum Busbahnhof und kaufen uns ein Ticket, und zwar nach Syssert! Das ist ein kleines Städtchen 50 Kilometer südlich von Jekaterinburg und mitten im Ural! Ein sehr klappriger Bus bringt uns dort hin und wir laufen einfach der Nase nach. Überall stehen Holzhäuser mit geschwungenen geschnitzten Fensterrahmen, so wie ich mir Russland klischeehaft ausgemalt hatte. Oft sind die Häuser bunt angestrichen. Überall  verlaufen überirdisch Gasleitungen, was dem ganzen einen verrückten Anblick gibt. In manchen Vorgärten liegen Hunde, in anderen wiederum stehen Ponys. Wir laufen weiter und weiter, entlang einem kleinen Flüsschen, an dem Menschen baden. Überall liegt extrem viel Müll. Und dann kommen wir Richtung Wald und es sieht endlos aus! Kiefern soweit das Auge reicht! Wir treffen Frauen, die Beeren sammeln und beschließen, jetzt doch mal wieder umzudrehen, bevor wir uns verlaufen. Mit genau dem gleichen modernen Bus fahren wir wieder zurück in die Stadt!

An unserem letzten Tag  (zur Orientierung: Tag 11) in Jekaterinburg wollen wir auf jeden Fall noch zum Grenzstein zwischen Asien und Europa. Wir fragen die nette Frau an unserer Rezeption, ob sie vielleicht ein Taxi dorthin für uns bestellen könnte. Das heißt, wir benutzen den Google- Übersetzer, denn mit dem Kommunizieren ist es hier wie immer! Nach einem kurzen Telefonat sagt sie uns, dass alles okay ist, also gehen wir nach unten und warten. Ein Mann in einem Kombi hält und winkt uns zu seinem Auto. Wir steigen ein, kein Taxischild, kein Taxometer, na gut, vielleicht ein Freund von der Frau, der sich etwas dazu verdienen will. Wir zeigen ihm das Foto, machen einen Preis aus und los geht’s!

Wichtig zu erwähnen ist vielleicht, dass es mehrere Grenzsteine gibt, lohnt sich eben für den Tourismus! Einer ist nur ungefähr 20 Kilometer von der Stadt entfernt, ein anderer 40 Kilometer. Wir sind mitten auf der Autobahn, plötzlich bremst unser Fahrer, fährt auf den Standstreifen und deutet nach rechts. Und tatsächlich: Dort steht eine Art Denkmal! Und die Leute steigen einfach aus, auf der Autobahn! Wir zeigen ihm noch einmal das Bild, um sicher zu gehen, aber Google zeigt uns ein anderes Bild. Der Taxifahrer fährt wieder weiter, lächelt und sagt: „Okay, okay.“  Wir sind alle etwas durcheinander, schließlich sind wir schon recht lange unterwegs und es sollten ja nur 20 Kilometer sein. Schließlich hält unser Fahrer vor einem riesigen Obelisken, keine Menschenseele außer uns, also können wir ganz ungestört über die Grenze gehen und sind in Asien!

Zurück im Hostel schauen wir uns die Bilder auf Google noch einmal an und merken, dass das erste Denkmal wohl auch schon ein Grenzstein war. Hier also mein persönlicher Trick wie man (nicht ganz professionelle) Taxifahrer abzockt statt umgekehrt!
Wir packen unsere Sachen, rüsten uns noch mit Lebensmitteln für die Zugfahrt aus und machen uns auf zum Bahnhof. Unsere erste richtig lange Zugfahrt steht bevor, nach Krasnojarsk, insgesamt 32 Stunden. Wir fahren wieder in der dritten Klasse und treffen ein älteres russisches Ehepaar. Die Frau spricht noch etwas Deutsch aus ihrer Schulzeit und erzählt, dass sie zu Verwandten nach Wladiwostok fahren, also eine Woche hin, eine Woche bleiben sie dort und eine Woche fahren sie wieder zurück. Auch eine Art in den Urlaub zu fahren! Die Zeit im Zug geht viel zu schnell um, meine Beine und Füße fangen gerade erst an sich zu erholen von dem ganzen Laufen, da kommen wir schon in Krasnojarsk an.

Wir sind schon morgens um 8 dort und begeben uns auf die Suche nach unserem Hostel. Ziemlich schwer zu finden, denn es befindet sich in einem der Plattenbauten ohne irgendein Schild draußen, doch zum Glück kommen genau in dem Moment zwei rauchende Russen aus der Tür und wissen dank unserer großen Rucksäcke direkt, wo wir hin wollen. In Krasnojarsk ist zu meiner Freude auch die Temperatur etwas gesunken und man steht nicht direkt völlig durchgeschwitzt dort, sobald man aus der Dusche kommt. Wir laufen zum Jenissei, einem der größten Flüsse Russlands, der durch Krasnojarsk fließt und können von hier aus nochmal die Eisenbahnbrücke über den Jenissei sehen, über die wir heute Morgen ja schon gefahren sind. Wir laufen weiter in Richtung Innenstadt und kommen noch an dem Dampfer vorbei, mit dem Lenin damals in seine Verbannung gefahren ist, zumindest war es höchst wahrscheinlich dieser Dampfer. Schließlich werden wir von einem Gewitter überrascht (endlich mal Wetter nach meinem Geschmack hier) und flüchten uns in ein Café.

Am nächsten Tag nehmen wir den Bus zum Stolby Naturschutzgebiet und beschließen, die gelbe Route abzuwandern. Die Route geht einmal mitten durch das Naturschutzgebiet im Osten des Urals. Überall sind riesige Felsen zu sehen und der Ausblick ist atemberaubend! Als wir schließlich am Ziel angekommen sind, bekommen wir noch so gerade eine der letzten Gondeln ins Tal und hängen jetzt über den grünen Skipisten! Unser Abendessen schaffen wir noch gerade zu essen, bevor uns die Augen zu fallen!

Am nächsten Morgen wollen wir uns noch schnell das zweite große Wahrzeichen der Stadt anschauen: Die Kapelle Paraskewa-Pjatniza, die auf einem Berg am Stadtrand steht. Von unten sieht der Weg nicht weit aus, aber die letzten Meter rennen wir, um noch pünktlich um zwölf Uhr mittags da zu sein, wenn die Kanone abgefeuert wird. Dieser Knall ist jeden Tag in der ganzen Stadt zu hören!
Wieder unten angekommen, machen wir uns mit unserem Gepäck auf zum Bahnhof und steigen in den Zug nach Irkutsk, unserem letzten Stopp in Russland (kurze Orientierung: Heute ist Tag 15).

Auf dieser Fahrt sind wir das erste Mal in der zweiten Klasse und haben ein Vierer-Abteil nur für uns! Ansonsten ist alles wie in der dritten Klasse, nur das der Boden mit Teppich ausgelegt ist und man lernt weniger schnell andere Menschen kennen.
Am nächsten Morgen kommen wir in Irkutsk an und diese Stadt ist ganz anders als die Städte die wir vorher gesehen haben! Keine Industriestadt und bunter, sie wird nicht umsonst „die Perle Sibiriens“ genannt!

Mit der Straßenbahn fahren wir zu unserem Hostel und schauen uns danach die Stadt zu Fuß an. Durch Irkutsk läuft die Angara, der einzige Abfluss des Baikalsees. Es gibt den großen Zentralmarkt, auf dem man so ungefähr alles leckere Essbare kaufen kann, was man sich nur vorstellt! Das Kloster des heiligen Wladimir schauen wir uns schnell von außen an, denn unsere Mägen knurren! Wir essen in einem Restaurant im ehemaligen Sowjet-Stil und es gibt „Boeuf Stroganoff“!

Am nächsten Tag wollen wir nach Listwjanka, einem kleinen Dörfchen direkt am Baikalsee. Wir fahren mit einem kleinen Minivan und die Fahrt ist abenteuerlich! Es geht hoch und runter durch die Berge! Ich bin froh, als ich aus diesem Gefährt aussteigen darf!

Angekommen, machen wir uns auf den Weg zu unserem Hostel, einem Holzhaus am Rande des Ortes. Der Baikalsee ist wunderschön! Kein Ende des Wassers in Sicht, nur in ganz weiter Ferne ragen Bergspitzen aus den Wolken, die vom anderen Ufer stammen müssen! Das Wasser ist glasklar und hat heute 7 Grad, trotzdem schaffen wir es, alle einmal ganz schnell reinzulaufen und doppelt so schnell wieder heraus! Abends gibt es „Omul“, eine Art Lachs, der nur im Baikalsee vorkommt!

Im Hostel treffen wir auf Leute von überall: Israelis, die uns von der Mongolei erzählen (unserem nächsten Stopp) und auch einen Belgier, der sogar im nächsten Zug mit uns sitzen wird. Am nächsten Morgen stehen wir früh auf, denn wir wollen einen Teil des Great Baikal Trail abwandern: von Listwjanka nach Bolshi Koty, insgesamt 31 Kilometer.

Nachdem wir uns eine Art „Kurpass“ bei der örtlichen Polizei gekauft haben, dürfen wir los! Und es geht erst einmal nur bergauf, aber dafür lohnt sich auch der Ausblick: Eine unglaubliche Weite! Unterwegs treffen wir eine Schweizerin, die einzige Menschenseele weit und breit. Wir versuchen, den etwas undeutlichen Schildern zu folgen und uns bloß nicht zu verlaufen. Bolshi Koty ist ein kleines Dorf, komplett abgeschnitten von allem, es gibt keine Straße, die dorthin führt und ist also nur über den Wasserweg zu erreichen. Darum müssen wir auch unbedingt das Boot abends um 6 Uhr zurückbekommen. Nach gefühlt tausend Biegungen sind dann wirklich erste Häuser zu erkennen. In dem Dorf gibt es einen kleinen Laden und genau als wir kommen, gibt es frisch gebackene Teilchen! Pferde und Kühe laufen einfach zwischen den Häusern und wollen unbedingt etwas unseren Teilchen abhaben. Und dann sitzen wir im Boot und sind in nicht einmal einer halben Stunde wieder in Listwjanka.

Am nächsten Tag (inzwischen Tag 19) stehen wir frisch und munter auf. In unserem Hostel wohnt auch eine chinesische Großfamilie und schließlich schaffe ich es, mein erstes chinesisches Wort (Danke) halbwegs richtig auszusprechen!

An unserem letzten Tag schlendern wir durch das Dorf zum Fischmarkt und trinken unser erstes „Kwars“. Das typisch russische Getränk schmeckt wie eine Mischung zwischen Brot und Cola. Mein Urteil: Ganz okay. Ansonsten genießen wir heute den Sonnenschein am Wasser und die vielen chinesischen Touristen!

Am nächsten Tag geht es wieder zurück nach Irkutsk, mit dem gleichen Minivan wie schon bei der Hinfahrt, also ziemlich schrecklich! In Irkutsk übernachten wir noch einmal im Hostel und am nächsten Tag steigen wir in die transmongolische Eisenbahn (hier trennen sich die Wege von der transsibirischen Eisenbahn) und unser letzter Blick auf Russland ist die wunderschöne Aussicht aus dem Zug auf den Baikalsee!

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